2.

Die Benennung der Erscheinungsfarben und die genetischen Voraussetzungen für die Farbvererbung

2.1. Die Haare und das Fellmuster

 Bevor wir uns dem Erscheinungsbild der verschiedenen Hundefarben und deren Ursachen zuwenden, möchte ich kurz zu den Haaren einige Anmerkungen machen. Jedes Individuum entwickelt sein eigenes Haarkleid. Dennoch gibt es bei den Säugetieren oder speziell bei den uns hier interessierenden Hunden vergleichbare Kriterien. Es werden folgende Haararten unterschieden:
1. Deck- oder Fellhaare
Das sind kürzere oder längere, eventuell gewellte oder gekräuselte Haare mit grobem Mark.
Es gibt zwei Formen:
a. Leithaare (Haupthaare), die kürzer und nicht gewellt sind, und
b. Grannenhaare (Nebenhaare), die zahlenmäßig im Vordergrund stehen, länger und vor der Haarspitze spindelförmig verdickt sind. Die Deckhaare sind die eigentlichen Träger der Fellfarbe. Der weiße Haarschaft ist dicker als der farbige
2. Flaum- oder Wollhaare (Beihaare)
Es sind kürzere oder längere, meist sehr feine Haare, die mehr oder weniger stark ge- wellt sind. Sie sind marklos. Im Winter sind sie dichter als im Sommer.
3. Die dritte Form bei den Hunden sind die Tasthaare (Sinushaare)
Die Wurzeln (und Wurzelscheiden) der Tasthaare liegen in einem gekämmerten, blut-
gefüllten Säckchen, dem Sinus, dessen Wände mit sensiblen Nervengeflechten versehen
sind. Sie kommen am Kopf vor, besonders im Mund-, Nasen- und Augenbrauenbereich vor. Auch die Wimpern gehören dazu.
     Alle Haartypen bestehen aus dem Haarschaft und der Haarwurzel und sind schief in die Haut eingepflanzt. Dadurch ergibt sich der Haarstrom oder Haarstrich. Im Querschnitt setzen sich die Haare aus dem Haarmark, der Haarrinde und dem Haaroberhäutchen zusammen. Sie treten im Gegensatz zum menschlichen Haar immer büschelweise aus dem Haarbalgtrichter hervor. Ein Haarbüschel besteht normalerweise beim erwachsenen Hund aus einem Leithaar, zwei Grannenhaaren und sechs bis zwölf weniger kräftigen Wollhaaren, die sich kranzförmig um die Deckhaare anordnen. Beim Afghanen sind es sehr viel mehr.

Beim neugeborenen Afghanen zeigt sich am ganzen Körper eine Behaarung aus Deckhaaren. Mit rund zwei Monaten beginnt sich das Fell deutlich zu entwickeln. Drei bis fünf Beihaare werden sichtbar und geben dem Fell ein wolliges Aussehen. Mit sechs Monaten können es schon fünfzehn sein. Sie wachsen insgesamt langsamer als das Deckhaar. Das Haar wächst in Phasen, zeitweilig ruhen die Wurzeln. Beim jahreszeitlich oder läufigkeitsbedingten Haarwechsel erscheint weicheres Beihaar am ganzen Körper und kann auch an den kurzhaarigen Partien, z. B. dem Sattel oder der Schnauze sichtbar werden. Es wird normalerweise aber bald locker und läßt sich ausbürsten oder auszupfen. Die Deckhaare sind vorrangig die Träger der Fellfarbe, während die Beihaare blasser und meist heller sind. Das wird beim Afghanen an den von Wolle nicht durchwachsenen Stellen, im Vorgesicht, den Halsseiten, am Sattel, der Schwanzoberseite und gegebenenfalls an den Fesseln deutlich sichtbar.
     Vor der Geburt wirft die trächtige Hündin am Bauch die Haare um das Gesäuge herum mehr oder weniger stark ab. Erst nach dem Abstillen wachsen sie wieder nach. Nicht zur Freude der Aussteller geschieht das auch bei vielen Hündinnen während der Scheinträchtigkeit.
     Als Besonderheit sei auf das sporadische Auftreten von kurzhaarigen Afghanischen Windhunden hingewiesen, deren Fell auf allen Körperteilen gleichmäßig kurz ist.
     (Ein wenig vom Thema abgehend, möchte ich den Moschusduft erwähnen, den einige Afghanen, besonders auf Stirn und Nacken, verströmen. Er kann so stark sein, daß der ganze Raum oder das Auto danach duftet. Bei älteren Hunden verliert er sich häufig.)

Wie entsteht nun die Fellfarbe der Hunde? Sie, wie die der anderen Säugetiere, wird von der Anwesenheit oder dem Fehlen des Pigmentes Melanin bestimmt, das in verschieden körniger Beschaffenheit besonders in der Rinde (Cortex) und im Mark (Medulla) des Haares, wie auch in den Zellen der Oberhaut eingelagert ist. Zwei Oxydationsstufen bestimmen die unterschiedlichen Erscheinungsfarben:
Eumelanin ruft Schwarz oder Braun
Phaeomelanin Gelb, bzw. Rot hervor.
     Ausgangsstoff ist die Aminosäure Tyrosin, die im Zusammenwirken mit dem Enzym Tyrosinase zu Melanin umgeformt wird. Fehlt einer der beiden Stoffe, kann keine Fellfarbe entstehen. Der Hund hat ein total weißes Aussehen, die Augen erscheinen wegen fehlender Pigmente rot. Das ist ein beim Hund nur selten zu beobachtender, vollkommener Albinismus.
     Die Grundfarben des Hundes können als ein Widerstreit der
roten und der schwarzen Fellfarbe verstanden werden: Beim Wild- oder Agutihaar werden gelb/rote und schwarze Zonen im Wechsel gebildet, so daß die einzelnen Haare gebändert erscheinen. Sowohl die rotgelben wie die schwarzen Bänder können abgeschwächt in der Intensivität oder auch durch bestimmte Bleichungsfaktoren aufgehellt sein. Das Wildhaar des Wolfes zeigt eine schwarze Spitze.
     Im schwarzen Haar wird nur Eumelanin, im gelben/roten Haar nur Phaeomelanin das Aussehen bestimmen.
     Diese Grundfarben nun können durch verschiedene Einflüsse verändert werden:
a. Die Schattierung der Haare ist abhängig von der Pigmentmenge, vom Luftgehalt zwischen den Zellen und von der Oberflächenstruktur. Einlagerungen von Luft im Haar lassen es heller erscheinen.
b. Verdünnerfaktoren können die Pigmentstruktur verändern. Das sichtbare Ergebnis ist ein unter Umständen stark aufgehelltes Aussehen des Fells.
c. Denkbar wären auch Verstärkerfaktoren, die die Intensität der Farbe kräftigen.

Im Folgenden unterscheide ich zwischen Rot und Schwarz, wobei die möglichen Schattierungen stets mitgemeint sind. So kann Rot z. B. in Abstufungen vom dunklen Mahagoni bis zur hellen Sandfarbe auftreten. Mit Schattierung ist die Variationsbreite in Hinblick auf die Intensität der Farbe gemeint, vor allem durch die Menge der Pigmente. Der Begriff Aufhellung betrifft die Veränderung der Farbe durch Verdünnerfaktoren, z. B. die Abschwächung des Rot zu Creme oder des Schwarz zu Grau.