2.2. Der Wolf (Canis lupus)

Jedes Fell ist von helleren und dunkleren Zonen bestimmt. Das Wildfarbigkeitsmuster, wie es der graue Wolf zeigt, darf als Ausgangspunkt aller beim Haushund entwickelten Zeichnungsmuster verstanden werden. Diese Verteilung der Dunkelheiten ist auch im farbigen Fellmuster noch erkennbar (außer bei solid Schwarz und bei reinem Weiß): Das Fell ist meist heller an der Kehle, dem Bauch, an der Innenseite der Schenkel und unter dem Schwanz.
     Um dieses Fellmuster vor die Augen zu führen, möchte ich mich auf die sehr genaue Beschreibung des Wolfsfells, die der russische Forschers Bibikow gegeben hat (Bibikow, Der Wolf, 1990), berufen: Gemäß dieser Beschreibung erscheint das Fell in vielen Tönen: Die Färbung am Kopf und Hals ist besonders kontrastreich. Die Unterseite der Schnauze und der Hals sind sehr hell. Um die Augen herum entstehen helle ockerfarbene Augenringe, die von grauen Flecken umgeben sind. Rost- und ockerfarbene Töne bestimmen die Körperseiten und die Außenseiten der Beine. Sie gehen auf dem Rücken in ein schwärzliches Grau über. Auf der Halsoberseite sind die Haare am Nacken und auf der Rückseite der Ohren rotbraun, während die langen Grannenhaare auf der Rückenlinie einen deutlichen schwarzen Strich bilden. Der Bauch und die Flanken sind weiß mit ockerfarbenem Anflug. Die Färbung des Schwanzes entspricht der der Körperseiten.
     Schon die Wölfe tragen viele der heutigen Hundefarben. Wie Größe und Gewicht kann auch die Färbung der Wölfe sehr stark variieren, nicht nur bei den vielen verschiedenen geographischen Unterarten - in Nordamerika von den USA bis zur Arktis werden allein neunundvierzig unterschieden - sondern auch innerhalb eines Rudels oder Wurfes. Wie schon Bibikow hervorhebt, kann die Grundfärbung des grauen Wolfes (2.2.1, 2.2.5) bei gleichbleibenden Zeichnungsmuster und Farbverteilung stark von hell nach dunkel unterschiedlich sein. Dabei erscheinen manche Wölfe mehr rötlich, andere mehr dunkelgrau. Die Ursache liegt darin, daß die Bänderung (Ringelung) des einzelnen Agutihaars in seinen Rot- oder Schwarzzonen unterschiedlich breit sein kann. Die Haarspitze ist beim Wolf immer schwarz.

     Der Timberwolf (Canis lupus Occidentalis), der sich von Kanada bis zur Arktis ausbreitet, zeigt ,schneeweiße, braune, graue und pechschwarze‘ Exemplare, sehr häufig mit weißem Brustfleck und weißer Schwanzspitze. Einer hatte rotbraune Ohren und silberne Sprenkel auf dem Rücken, einer war schwarz mit silbernen Sprenkeln auf Rücken, Beinen und Gesicht. Die Augenfarbe der Welpen ist bis zur achten Woche blau, dann entwickelt sich eine reiche Nuancierung der Farben von braun über grün und blau bis zur Goldfarbe. (Bloch). Schwarze Tiere (Abb. 2.2.2) können mit den grauen in einem Rudel, ja sogar in einem Wurf vorkommen. Häufig bilden sie aber auch eigene Rudel aus nur schwarzen Exemplaren. Schwarz ist im Großteil Alaskas und in Südkanada die häufigste Farbe. Es wird weiter von Poland von einer blauen (blue) Variation am Esquimaux Bay in Kanada berichtet, das wahrscheinlich durch ein Bleichungsgen hervorgerufen wird. Auch von Rehfarbe (fawn) wird berichtet und sogar von weißer Scheckung (A. G. Searle, Comparative Genetics of Coat Colour in Mammals). Weiter im Süden der USA sind fast alle Wölfe hellgrau (Mech) (2.2.6). Eine weitere Unterart ist der mexikanische Wolf (2.2.3), dessen Ähnlichkeit mit einem dominofarbenen Hund nicht von der Hand zu weisen ist. Auf der freien Wildbahn ist er fast ausgerottet.
     Die Arktis wird vom weißen Wolf (2.2.4) besiedelt, einer weiteren Unterart. Er ist etwas niedriger als der graue Wolf, hat etwas rundere Ohren und eine kürzere Schnauze. Bis zu einem Alter von drei bis vier Wochen haben die Welpen noch ein bräunliches Fell. Die erwachsenen Wölfe erscheinen cremefarben bis weiß. Sie, vor allem die Weibchen, haben häufig helle bräunliche und graue Zonen, besonders auf dem Rücken und den Flanken.

Abb. 2.2.1 Abb. 2.2.2 Abb. 2.2.3

Abb. 2.2.4 Abb. 2.2.5 Abb. 2.2.6

     Der kleinere, fast ausgestorbene Rotwolf im Südosten der USA galt lange als eigene Art (Canis rufus). Er wird heute aber als eine Kreuzung zwischen dem Wolf und dem halb so großen Kojoten angesehen.
     Der Indische Wolf (Canis lupus pallipes) ist kleiner als der nordische Wolf. Er gilt neben den nordischen Wölfen als der eigentliche Stammvater der Hunde, auch der Dingos (Trumler). Seine Farbe ist insgesamt heller als die der nordischen grauen Wölfe.

Ich zeige hier noch einige Fotos von Timberwölfen, die ich mit freundlicher Erlaubnis des Autors aus dem Buch Günther und Karin Bloch: Timberwolf Yukon & Co entnommen habe. Günther Bloch hat seit über zwölf Jahren, häufig begleitet von seiner Frau Karin, Freilandbeobachtungen an Wölfen vorwiegend im Kanadischen Banff-Nationalpark durchgeführt und auch über die Farben berichtet. Er sagt, daß diese sich jahreszeitlich verändern, wie sie auch im Leben jedes Individuums meist aufhellen. Sehr interessant ist die Farbveränderung von Aster, die mit vierzehn Monaten mit einem Radiohalsband versehen wurde und zu dieser Zeit sehr dunkel war (Abb. 2.2.8). Im Laufe Ihres Lebens - sie wurde zehneinhalb Jahre alt - hellte sie zu hellem Grau auf (Abb. 2.2.9). Yukon (Abb. 2.2.11 und 13) wird von Bloch als 'pechschwarz' bezeichnet. Fast alle Wölffe häben eine weiße Schwanzspitze und einen weißen Brustfleck.

Abb. 2.2.7 Abb. 2.2.8 Abb. 2.2.9

Abb. 2.2.10 Abb. 2.2.11 Abb. 2.2.12

Abb. 2.2.13 Abb. 2.2.14 Abb. 2.2.15

Die Fellfärbung des Wolfes wird durch folgende Grundfarben bestimmt:
1. Grau/ Wildfarbe oder Aguti (aw) in rötlicher oder gräulicher Ausprägung, heller oder dunkler. Aufhellung bis zum Weiß.
2. Schwarz (K)
3. Domino (Faktor noch unbekannt)
Wölfe können Oberaugenflecken haben /(s. Kap. 3.6 Afghanen). Auch von Fawn (Rehfarbe) (ay) ist berichtet worden.
Durch Bleichungsfaktoren tritt Creme- bzw.Silberweiß auf und auch von Blue (d) und von Scheckung (si, sp) ist berichtet worden.

Dagegen fehlen offenbar die von unseren Hunden gewohnten Farben Sable mit Maske (ayem) und Rot (e), Sattelzeichnung (as) und Brindle (ebr), sowie Leberbraun (b) und wohl auch progressives Grau (G?) s. Kapitel 3.6 Afghanen, (auch wenn die starke Aufhellung von Aster darauf schließen lassen könnte). Diese Farben scheinen Domestikationsfarben zu sein.