2.5. Die Theorien zur Vererbung der Fellfarbe

Seit Little, der seine Theorien auf der Basis zahlloser Kreuzungsversuche aufbaute, gelten, in Übereinstimmung mit Iljin, trotz einiger Zweifel und Änderungsvorschläge, bezogen auf die Dominanzfolge und die Zugehörigkeit einiger Allele, zwei multiple Serien, die A-Serie und die E-Serie als verantwortlich für die Grundfärbung des Hundefells. Dazu gehören, wie bereits gesagt, die Wildfarbe, Rot und Schwarz, sowie die zweifarbigen Muster B&T, Domino und Brindle. Alle anderen allelen Serien und Paare sind für die Aufhellungen der Grundfarben verantwortlich: Die C- oder Albino-Serie, die eine immer stärkere Aufhellung bis zum Weiß bewirkt, und die S- oder Scheckungs-Serie, die bei weißer Fleckung ebenfalls zum Weiß führt. Die sechs einfach mendelnden Paare gliedern sich in das b-Paar, das Schwarz in Braun, das d-Paar, das Schwarz in Blau, und das G-Paar, das - nachbleichend - das Schwarz in Grau umwandelt. Hinzu kommen das M-Paar, hervorgerufen durch den unvollständig dominanten Merle-Faktor, und das P-Paar, das ebenfalls dunkles Fell aufhellt, sowie das T-Paar, das eine Sprenkelung hervorruft. Diesen Theorien folgen im Wesentlichen auch Burns & Fraser, Willis, Vanderlip u.a.


     Es sind also folgende Farbfaktoren bei der Farbvererbung der Hunde beteiligt:

1. A-Serie, Aguti-Serie (Aguti ist ein wildfarbener Nager)
Die Allele dieser Serie regeln die Verteilung von dunklem und hellem Haar.

 As       Schwarz
(
aw)     Wildfarbe (Aguti), nach der die Serie ihren Namen hat. Einige Wissenschaftler                  sehen in ihr ein eigenes dominantes Gen (V) oder eine eigene Serie
 ay       Zobel- oder Lohfarbe mit eingestreuten schwarzen Haaren
(as)      Schwarzer Sattel bei rotem Kopf, Hals und Beinen (s. Deutscher Schäferhund)
 at        Schwarz-Loh (Black&Tan), Zweifarbigkeit
(ab)      Rezessiv-Schwarz

Die in Klammern gesetzten Faktoren waren für Little noch nicht bewiesen und aufgenommen.

2. b-Paar (,brown‘). Durch Rezessiv-Faktor hervorgerufene Verdünnung des zu
              Leberbraun.

BB
      Schwarz
Bb        Leberbraun
bb        Leberbraun mit Lebernase und hellen Augen

3. C-Serie (chincilla) ergibt die Übergänge von voller Pigmentierung bis zum totalen                    Albinismus.
 C         
volles Pigment
 cch      Bleichung von Rot zu Creme/Weiß bzw. Wildfarbe zu Chincilla (Ccch, cchcch)
 ce
       weitere Bleichung
 ca        bis zum Weiß mit roten Augen (Kommt beim Hund kaum vor.)

4. d-Paar (,dilution‘). Verdünnung von Schwarz zu Blau durch Rezessiv-Faktor
 DD     volles Pigment
 Dd      Dunkelblau
 dd      Blau mit schiefergrauer Nase und rauchgrauen Augen (,Malteser Blau‘)

5. E-Serie (extension-, Ausdehnungsserie). Eine schwer zu durchschauende              

Serie, die bestimmte rote und schwarze Fellpartien verursacht. Es besteht           eine komplizierte Wechselbeziehung mit der A-Serie.
  E
Zusammen mit As dominant Schwarz; läßt alle Farben der A-Serie zu 

Em    Dunkle Maske. Die Dominanzfolge von E und Em ist ungeklärt.
 ebr
    Brindle (gestromt). Die Zugehörigkeit zu dieser Serie ist nicht gesichert.
          Die Stromung tritt bereits dann auf, wenn e
br einfach vorhanden ist (Eebrayay)

 e       
Rot ohne Maske und Sablehaar

6. G-Paar (grey). Allmähliche Bleichung schwarzen Fells zu Grau durch                       unvollständigen Dominant-Faktor. (Es könnte sich auch um eine Serie handeln.)            Welpen werden schwarz  geboren.
 
GG    allmähliche Ergrauung (GG, Gg)
 gg     volles Pigment

7. M-Paar (,Merle‘). Der Merle-Faktor ist ein unvollständig dominanter Faktor, der                      homozygot durch Koppelung schwere Mißbildungen hervorruft, die häufig            zum Tode führen  (semilethal).
 mm
  volles Pigment
 Mm   unregelmäßig verteilte helle Flecken,
 MM    weißes Fell

8. p-Paar (,pale‘). Rezessiv-Faktor, der reinerbig dunkles Fell aufhellt, ohne Rot/Gelb zu             verändern. Es soll bei schwarzen Hunden fahles Blau (oder Lila), bei             leberfarbenen fahles Gelb, Champagner oder Silber verursachen.
 PP      volles Pigment
 pp       fahles Blau

9. R-Paar (,roan‘). Stichelung durch dunkle Haare im Bereich weißer Flecken
 R
       Stichelung (Schimmelung)
 
r         weiße Flecken

10. S-Serie (,self color'). Es wird eine zunehmende, weiße Fleckenbildung erzeugt
            (s. Barsoi). Wahrscheinlich gehören noch mehr Allele in die Serie.
 S        einfarbiges Fell
 si       ,Irish'-Fleckung.
 sp      ,Piebald'-Fleckung, s. Beagle
 sw      Weiß oder fast Weiß (,extreme white piebald'), s. Barsoi

11. T-Paar (,ticking'). Dominantes Gen für Fleckenbildung.
 TT
     Flecken und Punkte (Dalmatiner).
  tt        keine Punkte , sondern weiße Zonen


     Es sind nach Little also für die Vererbung der Fellfarbe von Hunden insgesamt vier allele Serien und sieben einfache Gen-Paare verantwortlich. Ihm folgen im Wesentlichen, bis auf einige Änderungsvorschläge, Burns und Fraser, Willis, Robinson und andere spätere Autoren.
     Die A- und E-Serie sind verantwortlich für die Vererbung der Grundfärbungen (ohne Verdünnung, Scheckung, Silberung etc.): wildfarbig, einfarbig schwarz, einfarbig Loh, schwarz-loh oder schwarz-wildfarbig und Sattelzeichnung bei loh- oder wildfarbigem Fell. Dazu gehört die schwarze Maske und die Stromung. Nun gab es immer wieder Unstimmigkeiten, die besonders den B&T-Faktor betreffen, so daß schon Burns und Fraser 1931 vorschlugen, ihn aus der A-Serie zu nehmen.


     Von den neueren Arbeiten seien hier, neben denen von Dr. R. Jödicke die von Dr. H. Pape genannt, der, in analoger Sicht zu Nachtsheim und Stengel, die über die Farbvererbung beim Kaninchen gearbeitet haben, 1983 und 1985 eine triallele Deutung der Grundfarben vorschlug. Dabei zerlegte er die A-Serie in zwei getrennte Serien und führte analog zur Farbtheorie bei Kaninchen die G-Serie als dritte Serie ein. Für die Grundfärbung der Hunde sind danach drei allele Serien zuständig:

Em Schwarzmaskenfaktor
E Schwarzausdehnungsfaktor
ebr Faktor für Streifung (bei ,gestromten‘ Hunden)
e Faktor, der statt schwarz Lohfärbung erzeugt

A Dominantschwarzfaktor, Ausdehnung der schwarzen Haarringe
Aw Wildfarbigkeitsfaktor, schwarz-gelbe Haarringelung wie bei der Wildfarbe
Ay Faktor für Lohfärbung (zobelfarben), Reduzierung der schwarzen Haarringe

G Faktor für Zeichnungsmuster der Wildfarbe
gs Faktor der Zeichnungsmuster der Wildfarbe mit schwarzer Sattelzeichnung
gt Zweifarbigkeitsfaktor
g Rezessivschwarzfaktor

Mit Einführung dieser triallelen Deutung konnten bisher nicht erklärbare Ergebnisse bestimmter Paarungen geklärt werden. Anstelle von jeweils zwei Faktoren der A- und E-Serie stehen jetzt drei auf jeder Seite. So erklärt sich z.B. die von Dr. Jödicke kommentierten Paarungen einer schwarzen Dogge mit drei blauen Hündinnen, die neben schwarzen auch B&T- und gelbe Nachkommen brachten. Das wäre allein nach der A-Serie nicht möglich gewesen. Und es kann auch das Auftreten roter Hunde mit Maske aus zwei B&T-Eltern erkärt werden:

EemAayGG (oder gt ) x ememAayGG (oder gt) = ememayayGG (oder gt)
schwarz m. Abzeichen schwarz m. Abzeichen      gelb/rot mit Maske


Die DNA-Tests

     Sheila M. Schmutz, Ph.D., Professor an der University of Saskatchewan, Kanada stellt in ihrem Artikel ,Genetic Coat Color in Dogs', Update Mai 2006, ihre bisherigen DNA-Analysen der Fellfarben der Hunde vor. Grundlage auch ihrer Ordnung sind die von Little aufgestellten Formeln. Die demgegenüber neu gefundenen Veränderungen betreffen das Schwarz und das Brindle, die eine eigene Serie bilden, die K-Serie (von blacK hergeleitet). Es bestimmen also somit drei allele Serien die Grundfarben des Hundes.

A-Serie, Aguti-Serie ASIP-Gene

 ay      Zobel- oder Lohfarbe mit eingestreuten schwarzen Haaren
 
aw     Wildfarbe (Aguti), nach der die Serie ihren Namen hat.
(as)     Schwarzer Sattel: wird zu at gerechnet
at        Schwarz-Loh (Black&Tan), Zweifarbigkeit
a       Rezessiv-Schwarz

E-Serie (extension-, Ausdehnungsserie) MC1R-Gene

Em    Schwarze Maske
E läßt alle Farben der A-Serie zu
 e       Rot ohne Maske und Sablehaar. Läßt die Bildung von Phäomelamin nicht zu

K-Serie (blacK-Serie) MSHr-Gene

K Schwarz (betrifft nicht B&T oder Sable mit Maske)
Kbr Brindle
k
kein Schwarz, läßt alle Farben der A-Serie zu


     
Außerdem sind die Gene für Locus B (TYRP1) (brown) und für Locus D (MLPH) (blue) gefunden und bewiesen worden. Für Aguti liegen erste Ergebnisse vor.

    Alle anderen Loci sind für den Hund noch nicht gefunden und bewiesen.
Der Chinchilla-Faktor c
ch ist bei Pferden (und einigen anderen Säugern) gefunden worden: MATP (jetzt SLC45A genannt), nicht jedoch bei Hunden.  Bei Pferden greift er sowohl Phäomelamin als auch Eumelamin an. Sponsenberg und Rothschild beschreiben ein Gen, das nur Phäomelamin angreifen soll und das sie I für Intense nennen. Obwohl ein solches Gen zweifellos existiert, ist es bislang weder gefunden noch bewiesen worden. Mrs Schmutz schrieb mir zur Frage der Bleichfaktoren: "no one can "decide" with no evidence. Until one of the genes incolved in dilution of Afghan coat color is found and none are yet, there is no basis tor determine this."