3.6 Grau (Blau, Blue) - Aguti- oder Wildfärbung

Die frühen Grauvererber

Ein kurzer Blick auf die Geschichte der graugefärbten Afghanen soll vorangestellt werden: Die älteste Darstellung eines Hundes, der als Afghanischer Windhund identifiziert werden kann, stammt aus buddhistischer Zeit zwischen 450 und 700 n.Ch. aus Kakrak. Der in Rede stehende Hund, dessen hintere Hälfte beschädigt ist, wurde als blaugrau beschrieben. Major McKenzie, der erste, der über die Windhunde in Afghanistan berichtet hat, schildert das Jagdverhalten. Er sagt zur Farbe, sie hätten ,gewöhnlich ein rehfarbenes oder mausgraues Aussehen'. Das zeigt, daß die Farbe in Afghanistan nicht ungewöhnlich war.

Nur zwei Tiere brachten das Grau in die westlichen Zuchten: ,Khan of Ghazni', 12.7 1925 nach England importiert von Col und Mrs Amps, und ,Saki of Paghnam', 1934 in die USA. importiert vom Ehepaar Peters.

     ,Khan of Ghazni' wurde als ,hellederfarben' (,light buff') beschrieben. Mrs. Drinkwater, (,Geufron') nannte seine Farbe ein ,peculiar, almost khaki, fawn' (vdOMers News letters from South Africa, Nr. 16). Er stammte aus einer grauen ,Meute' (,grey pack'). Am 26.1.1925 hatte er einen Wurf aus ,Rani of Ghazni', in dem neben drei schwarzen Geschwistern eine graue Hündin fiel. Wir dürfen annehmen, daß ,Khan' dem braungrauen, (bad blue') Farbtyp angehörte. ,Saki of Paghman' war eine wenig behaarte, blaugraue (,blue') Hündin, die 1934 zusammen mit ,Tazi of Beg Tute', sandfarben, von dem Ehepaar Peters aus Afghanistan in die USA eingeführt wurde. Sie begründeten die bekannte ,Peters' Line, die über ,Blue Mist of Egypt' und durch ,Ch. Felt's Thief of Bagdad', dem Stammrüden von ,Crown Crest', und später durch ,Egypt's Echo of Crown Crest' (s. Abb. 1.3.3), die die amerikanische Afghanenzucht beeinflußte.

    Anm.: Blaugrau und Braungrau sind zwei unterschiedliche Farbtypen, die im englischen Sprachgebrauch mit ,Blue' (Blaugrau) und ,Bad Blue' (Braungrau) gekennzeichnet werden. Ich werde auf sie noch ausführlich zurückkommen.

Afghanen aus der Zuchtstätte ,von der Irminsul' Link

Abb. 3.6.1 Abb. 3.6.2 Abb. 3.6.3

Abb. 3.6.4 Abb. 3.6.5 Abb. 3.6.6

Abb. 3.6.7 Abb. 3.6.8 Abb. 3.6.9

Abb. 3.6.10 Abb. 3.6.11 Abb. 3.6.12

Abb. 3.6.13 Abb. 3.6.14 Abb. 3.6.15

     Wie wir wissen, verlor sich in England während des 2. Weltkrieges das ,Blau' (und die Stromung), verursacht durch vorsorliche Ausfuhr wertvoller Zuchttiere in die USA und durch Zuchtverbot. Über den spanischen Zwinger ,Branwen‘, der mit den amerikanischen ,Grandeur-Hunden züchtete, gelangten nach dem Krieg Hunde mit diesen Farben wieder nach England. Besonders Miss Niblock (Khanabad) nahm sich der Blauzucht an. Durch Deckakte und Importe aus England, Spanien und USA wurden die grauen Afghanen seit den sechziger Jahren auch in der BRD wieder gesehen, wenngleich sie nie sehr häufig anzutreffen waren und sind.
     Neben dem Grau fielen am Anfang der deutschen Zuchtgeschichte im Zwinger ,von der Irminsul' schon bei Geburt blaue Welpen mit schieferfarbener Nase und hellen Augen (entsprechend Greyhound). Diese Farbe, die durch den Rezessivfaktor d hervorgerufen wird, ist vom Grau der heutigen Afghanen streng zu unterscheiden. Sie ist meines Wissens heute ganz verlorengegangen. Little hatte für das Blau der Afghanen noch den Rezessiv-Faktor d eingesetzt.
     
Die blaue Fellfarbe z.B. der Dogge, des Greyhounds oder des Whippets unterscheidet sich grundsätzlich vom Grau des Afghanischen Windhundes. Sie wird hervorgerufen durch den Rezessivfaktor d, der das blaue Fell schon bei der Geburt sichtbar werden läßt. Er verursacht auch einen schiefergrauen Nasenschwamm und helle rauchbraune Augen. Diese Merkmale sind beim Afghanen nicht mehr zu finden. Um den Unterschied zum Rezessiv-Blau zu verdeutlichen, spreche ich daher bei der in Rede stehenden Afghanenfarbe von Grau. Im englischen Sprachgebrauch und ihm folgend in den deutschen Zuchtbucheintragungen hat sich ,blue' bzw. ,blau' als Benennung der entsprechenden Afghanenfarben eingebürgert, und es wird schwer sein, das zu ändern. Ich setze deshalb die üblichen englischen Farbnamen in Klammen jeweils dazu. Anzumerken wäre, daß Mrs. Amps am Anfang des europäischen Zuchtgeschehens noch von ,grey' sprach.

Abb. 3.6.16 Abb. 3.6.17 Abb. 3.6.18

Abb. 3.6.19 Abb. 3.6.20 Abb. 3.6.21

Abb. 3.6.22 Abb. 3.6.23 Abb. 3.6.24

Abb. 3.6.25 Abb. 3.6.26 Abb. 3.6.27

Abb. 3.6.28 Abb. 3.6.29 Abb. 3.6.30

Abb. 3.6.31 Abb. 3.6.32 Abb. 3.6.33

Afghanen aus der Zuchtstätte ,el Di-tschu-rahdan' (www.el-di-tschu-rahdan.de):

Abb. 3.6.44 Abb. 3.6.45 Abb. 3.6.46

Abb. 3.6.47 Abb. 3.6.48 Abb. 3.6.49

Die Abbildungen aus dem Kennel -Fantazmic's von Terry Gonzales, USA, New Mexico zeigen einige interessante Grauschattierungen. Die Abbildungen 3.6.51 - 53 der Hündin Misty Bleu zeigen ein so tief rotes Braungrau auf, daß ich beim ersten Bild im Zweifel war, ob es sich um chocolate handeln könnte. Auch das helle gleichmäßige Braungrau von Fantazmic's Max (Abb. 3.6.56) ist ungewöhnlich. Interessant ist ebenfalls das Nebeneinander der beiden Wurfgeschwister von Grau und Sandfarbe mit Maske (Abb. 3.6.55).

Abb. 3.6.51 Abb. 3.6.52 Abb. 3.6.53

Abb. 3.6.54 Abb. 3.6.55 Abb. 3.6.56

Abb. 3.6.57 Abb. 3.6.58 Abb. 3.6.59

Die Wild-(Aguti)färbung der Caniden:

     Jedes Fell ist von helleren und dunkleren Partien bestimmt. Das Wildfarbigkeitsmuster, wie es der graue Wolf zeigt, darf als Ausgangspunkt aller beim Haushund entwickelten Zeichnungsmuster verstanden werden. Diese Verteilung der Dunkelheiten ist auch im farbigen Fellmuster noch erkennbar (außer bei solid Schwarz und bei reinem Weiß): Das Fell ist meist heller an der Kehle, dem Bauch, an der Innenseite der Schenkel und unter dem Schwanz. Natürlich variert das Fell des Wolfes in vielen Farben und weicht von dem gegebenen Grundmuster ab. Das einzelne Deckhaar des grauen Wolfeszeigt eine Bänderung (Ringelung), d. h. es ist in schwarze und rote Abschnitte unterteilt. Diese können breiter oder schmaler sein. Daher erklärt sich die mehr rötliche oder gräuliche Erscheinungsfarbe vieler Wölfe (s. 2.2)

Die meisten mir bekannten grauen Afghanen zeigen die Hell-Dunkel-Verteilung des wildfarbenen Fells am Körper, z.B. der Wölfe, sehr deutlich. Die hellen Schattierungen zeigen sich am Kopf, den Wangen, in mehr oder weniger vollständigen Ringen um die Augen, an den Ohrenspitzen, am Hals, im Brust- und Bauchbereich, an den vier Füßen und den Innenseiten der Beine, im Bereich des Afters und der Unterseite des Schwanzes. Abgesehen von der Farbe und der Gesichtsmarkierung (keine Oberaugenflecken, sondern Ringe) entsprechen sie den Tan-Points des Black&Tan.

     Ein agutifarbener Afghane hat wie der Wolf keine schwarze Maske.

  Vergleichen wir nun die Hell-Dunkel-Verteilung des grauen Afghanenhaars mit der Wildfärbung des Wolfes, so fällt ein ähnliches Hell-Dunkel der einzelnen Körperzonen auf, s. Bildvergleich 3.6.34.

Abb. 3.6.34 (nach Fotos von H. Lewenstein (links) bzw. M. Garstka (rechts))

Am frappierendsten wird die Übereinstimmung in der Zeichnung des Gesichtes deutlich, s. Bilder 1.13 - 1.16. Das Gesicht der braungrauen Hündin (,Meltemi Arachne') zeigt dabei ockerfarbene Töne, während das der blaugrauen Hündin (,El Kaira's X'Black Lady') keine Rottöne aufweist.  

Abb. 3.6.35 Abb. 3.6.36 Abb. 3.6.37

Abb. 3.6.38 Abb. 3.6.39 Abb. 3.6.40

Abb. 3.6.41 Abb. 3.6.42 Abb. 3.6.43

    

 Die Wild- oder Agutifärbung wird in der Bänderung (Ringelung) des Deckhaars beim grauen Afghanen deutlich. Bei der Analyse der Einzelhaare zeigen sich neben einigen weißen, gebänderte Deckhaare. Sie können je nach Farbtyp in ihren verschieden breiten Rot- oder Schwarzzonen aufgehellt sein. Die ocker- und rostfarbenen Zonen, die aber auch beim Wolf sehr unterschiedlich stark ausgeprägt sind, erscheinen bei den braungrauen Afghanen gedämpft. Auch der Saluki zeigt bei der Grizzle-Farbung und im Grau das Wild- oder Agutifhaar.

Abb. 3.4.44 el Kaira's X' Black Lady, dunkelblaugrau, Deckhaar zweifach gebändert
Foto: Christoph Garstka

Das Grau der Afghanischen Windhunde erscheint blaugrau (,blue') und braungrau (,bad blue'), das auch als tabakfarben (,tobacco-stained') beschrieben wird. Erstere werden schwarz, letztere braunschwarz geboren. Sie hellen erst in den ersten Wochen oder Monaten ihres Lebens auf. Mit etwa achtzehn Monaten ist die Entwicklung meist abgeschlossen, obwohl auch noch beim erwachsenen Afghanen Veränderungen möglich sind. So zeigte eine unserer Hündinnen erst nach drei Jahren blaue Abzeichen (,frosted Black). Wir finden den Prozeß der allmählichen Ergrauung des schwarzen Fells auch beim Kerry-Blue- und beim Bedlington-Terrier oder beim Old English Sheep Dog..

     Das Deckhaar bestimmt die eigentliche Farbe des erwachsenen Afghanen. Das mengenmäßig überwiegende, aber viel feinere Wollhaar, das sich immer stärker entwickelt hat, ist den Körperzonen entsprechend heller oder dunkler grau. Es läßt sie langhaarigen Fellteile verwaschen erscheinen. Die Aussehen der Fellfärbung verändert sich im Lauf des Lebens ständig, unter Umständen stark. Vergessen werden dürfen auch nicht die Umwelteinflüsse. Besonders die Sonnenbestrahlung läßt das Fell rötlichbraun werden wie bei den schwarzen Hunden. Auch der Halter vermag durch Shampoos, sowie durch Rupfen, Schneiden und Scheren das Aussehen des Hundes farblich zu verändern.

     Das Fell beider Grautypen kann durch Verdünnerfaktoren in vielen Helligkeiten, vom fast schwarzen Fell (,frosted black', ,charcoal'), und dunkelgrau (,dark blue') über grau (blue), silbergrau (.silverblue') bis zur silberweißen Färbung (3.6.28), in jeweils bräunlicher oder bläulicher Schattierung erscheinen. Während die später grauen Afghanen schwarz oder fast schwarz mit bäunlicher Schattierung geboren werden ist das Silbergrau beim Neugeborenen leicht aufgehellt. Das Silberweiß kündigt sich durch helle Fellfärbung an. Hkäufig fallen im gleichen Wurf auch schwarze Welpen, die als Erwachsene schwarz bleiben. Sie können jedoch auch durch den G-Faktor, soweit sie ihn haben, aufgrauen ohne eine Bänderung aufzuweisen.

     Die beiden Farbmuster Braungrau und Blaugrau vererben sich offenbar unabhängig voneinander, d. h. braungraue Afghanen haben allgemein wieder braungraue Welpen, blaugraue dagegen blaugraue in der Nachkommenschaft. Beide kFarbtypen können aber auch nebeneinander in einem Wurf vorkommen.
     
Im Zwinger von der Irminsul fallen vorwiegend braungraue Afghanen (pers. Mitteilung). Es kann eine klare Farblinie von Xenos und B'Pajou bis zu Hermes mütterlicherseits erkannt werden (wobei sich das dominant Schwarz/Aguti gegenüber dem Sablerot durchgesetzt hat). Das im Zwinger el Kaira's (neben anderen Farben) aufgetretene Blaugrau trugen dagegen hauptsächlich die Nachkommen der aus England importierten Afghanen von den Kennels ,Khanabad' und ,Kabella', hinter denen die Hunde des amerikanischen Kennels ,Grandeur' von Sunny Shay standen.

    Das Grau kann, wie wir sahen, auch bei zweifarbigen Hunden erscheinen, bei Domino und selten auch bei B&T.

Die genotypischen Voraussetzungen der grauen Fellfarbe des Afghanischen Windhundes

      Der braungraue Afghane hat in seinem Deckhaar eine Bänderung aus roten und schwarzen (grauen) Zonen, also eine rötliche Komponente. Die Lohfarbe verursacht Phaeomelanin, das in das Haar eingelagert ist. Beim blaugrauen Fell ist das Pigment in seiner Menge geringer, es wird verdünnt. Die Rotzonen sind schmaler und/oder durch den Chinchilla-Faktor gebleicht, was wohl meist der Fall ist. Das Fell erscheint tief dunkel- bis schwarzgrau. Das Aguti hellt nach der Geburt auf, die Schwarzanteile werden jedoch meist durch den G-Faktor weiter zu Grau/Blau aufgehellt. Dieser G-Faktor kann auch rein schwarzes Fell zu grau aufhellen. Dieses erscheint im ganzen gleichmäßiger in der Erscheinung und das einzelne Deckhaar zeigt keine Bänderung.     

Ist der aufgrauende Faktor G (doppelt) vorhanden, werden die davon betroffenen Welpen grau (mit und ohne Bänderung) und zu silbergrau bis silberweiß mit bräunlichem (rötlichem) oder bläulichen Anflug aufhellen, sofern sie das Ergrauungsgen tragen. Durch das Einwirken des Chinchilla-Faktors sind die Rotanteile, die das Fell bräunlich erscheinen lassen, gebleicht. Das Fell erscheint bei den Adulten reingrau (blue) und kann zum Silbergrau bis Silberweiß durch das Einwirken von G und cch gebleicht werden. Die Rotanteile in der Bänderung sind zu Weiß gebleicht.

Ein Beispiel, daß beide Spielarten des Grau, das Braungrau und das Blaugrau auch in einem Wurf vorkommen können, ist der A-Wurf von Meltemi.
Nach einem schwarzen Rüden und aus einer dunkelgrauen (darkblue) Hündin fielen:
1.2 braunschwarze, 0.1 blaugraue, 0.1 schwarze und 1.2 cremeweiße Welpen.
Die braungrauen Welpen waren schon bei der Geburt als ,grau' zu erkennen, während die blaugraue Hündin bis zu ihrem dritten Lebensjahr schwarz wie ihre Schwester war und erst dann durch Einwirken von G graue Abzeichen bekam (,frosted black'). Der Chinchilla-Faktor, verantwortlich für die Cremeweißen (und das frosted Black) war sowohl durch die blaugraue Mutter als auch (verdeckt, wie das Rot) ) durch den schwarzen Vater, der eine blaugraue Mutter und eine cremeweiße Schwester hatte, vererbt worden.

Neben der Agutifärbung sind somit der dominante Ergrauungsfaktor G, wie der Chinchilla-Faktor cch für die braungrauen und die blaugrauen Schattierungen und Helligkeiten des grauen Afghanenfells verantwortlich. Um die vielen Helligkeitsabstufungen zu erklären, neige ich, wie von einigen Autoren vorgeschlagen, dazu, in G eine multiple Serie zu sehen.